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Provinz Hwarang

Hwarang ist die westlichste der südgorasischen Provinzen und grenzt im Süden an die Provinz Su, sowie im Osten an die Herrscherprovinz Da Xin. Im Nordwesten bietet die große Mauer Schutz vor der immer weiter vorrückenden Wüste Stygias, während sich im Nordosten das Gebiet Shazurs erstreckt.

Obwohl Hwarang offiziell zu den südgorasischen Provinzen und somit zum Herrschaftsgebiet des Drachensohnes zählt, unterscheidet es sich kulturell, sowie politisch von den anderen Provinzen des Reiches. Neben dem Hochgorasisch, welches auch hier als Verwaltungssprache gesprochen wird, spricht die Bevölkerung trotz aller „Zivilisierungsversuche“ seitens des Ministeriums für kulturelle Harmonie weiterhin die Sprache ihrer Vorväter aus der Zeit vor der Ankunft der Drachensöhne.

Sprache und Schrift

Die Sprache nennt sich einfach Hwarang. Ebenfalls im Gebrauch ist das alte Silbenalphabet, das nach wie vor der Hochschrift des Drachensohnes vorgezogen und bestenfalls aus pragmatischen Gründen um ein Paar Schriftzeichen ergänzt wird. Diese Silbenschrift nennt sich Hwarang-Gul und ähnelt in den Augen von Ausländern den anderen südgorasischen Schriften (auch jenen der autonomen Provinzen Sakura, Aka Tatsu, etc), wie ein Fasanen Ei dem Anderen. Wobei aufmerksame Beobachter die Existenz von vielen geschlossenen Kreisen ins Auge fallen dürfte, was diese Schrift damit einmalig macht in Südgorasia.

 

Geschichtliches & Mythologisches (aus den Schriften des Chronisten und Geschichtenerzählers Song Jin-Young)

Aus alten Aufzeichnungen der Hwarang geht hervor, dass es sich ursprünglich um ein Land handelte, dessen jetzige Lage nur den südlichsten Teil des damaligen Großreiches darstellte. Die Schriften belegen eine Ausdehnung nach Norden und umfasste die heutigen Gebiete von Stygia, Am Shar, Hyrkun und Cammorea, sowie Teile von Shazur, Nogamor und Boravia.

 

Über Jahrhunderte hinweg gab es diplomatische Beziehungen zum heutigen Herrschaftsgebiet des Drachensohnes, welches damals um ein vielfaches größer war als in der aktuellen Zeitepoche. Es gab einen regen Austausch von Handelsgütern, Kultur und natürlich hin und wieder einen Krieg.

 

Das alte Reich der Hwarang, welches den Namen Choyseon trug, wurde laut Überlieferung von zwei ehemals verfeindeten Königen von Reiternomadenvölkern gegründet und nach Generationen voller Übergriffe auf das gegnerische Herrschaftsgebiet durch eine Hochzeit beendet.

Bei einem diplomatischen Treffen der beiden Herrscher, bei welchem auch einige ihrer Kinder zugegen waren, verliebten sich die jüngste Tochter des Nördlichen Reiches und der älteste Sohn des südlichen Reiches ineinander. Ihre ungestüme Art, Ihr Mut und Ihre Fähigkeiten zu Pferde mit dem Bogen imponierten Ihm so sehr, dass er sie, abseits von Wachen und Diplomaten zu einem Wettstreit herausforderte.

Sie war Ihm, einem erfahrenen Krieger und Erbe des südlichen Reiches, mehr als ebenbürtig. Und so gingen beide in den folgenden Monaten immer wieder heimlich im Grenzland das Risiko eines Treffens und erneuten Wettstreits ein.

Ein Kriegerfürst des nördlichen Reiches, einer der engsten Vertrauten ihres Vaters, erfuhr von den heimlichen Treffen. Da er den ständigen diplomatischen Treffen und dem Waffenstillstand überdrüssig war, schickte er heimlich seine besten Fährtenleser auf ihre Spur, um den Sohn des südlichen Königs zu überwältigen und die Tochter des nördlichen Königs zu ermorden. In einer hellen Vollmondnacht nahmen Sie Ihn auf einem Felsvorsprung am Rande eines tiefer gelegenen Passes, trotz seines erbitterten und blutigen Widerstandes, gefangen und durchbohrten die Tochter mit einem Pfeil, der die Befiederung des südlichen Reiches trug. Sie stürzte von der Brüstung in den Abgrund und nur der Zufall - in Form eines schmalen Felsvorsprungs - bewahrte Ihren Körper davor, an den Felswänden des Passes zerschmettert zu werden.

Dem Kriegsfürsten wurde von seinen Fährtenlesern der gefesselte Sohn vorgeführt und der Fürst präsentierte dem nördlichen Herrscher den Gefangenen und behauptete, er hätte seine jüngste Tochter ermordet und den Pass hinab gestürzt.

Außer sich vor Wut, befahl der Herrscher, den Sohn in Ketten zu legen und schickte seine halbe Streitmacht aus, um den Pass abzusuchen.

In der Zwischenzeit spürte die tödlich verletzte Tochter, wie Ihre Lebensenergie sie mehr und mehr verließ. Sie wandte Ihr Antlitz zu den Sternen. Der volle Mond schaute tröstend auf Sie hinab. Im Geiste sprach Sie ein Gebet, auf dass die Götter Ihren Liebsten erretten mögen. Verschwommen glaubte Sie einen Schatten zu sehen, der sich vor den Mond schob und da sank sie auch schon in die wohlige Umarmung der Bewußtlosigkeit, und der Schmerz, der Ihren gesamten Leib unaufhörlich in pulsierenden Wellen durchströmte, endete schlagartig. Sie hatte das Gefühl, zu schweben und dachte daran, dass sie bald wieder mit ihren Ahnen vereint sein würde. Der letzte Gedanke, bevor Ihr Bewusstsein gänzlich entschwand, galt Ihrem Liebsten, der Ihr bald folgen würde.

Die Krieger des nördlichen Königs suchten den gesamten Pass und die umliegenden Berge ab. Aber sie fanden nur einen zerbrochenen Pfeil mit Befiederung des südlichen Königreiches, der in dem blutigen Umhang der Tochter steckte.

Der König des Nördlichen Reiches ließ einen Boten eine Kriegserklärung an den südlichen Herrscher überbringen und forderte ihn zur Schlacht. Mit Genugtuung vernahm der verräterische Vertraute des nördlichen Königs, dass dieser den Sohn des südlichen Königs im Morgengrauen hinrichten lassen würde.

Geister, Dämonen und niedere Götter stritten um die Seele der Tochter, welche aus ihrem Fieberwahn aufschreckte und einen Teil des bitteren Tees aushustete den Sie gerade geschluckt hatte. Sie schaute sichzitternd um. Über Ihr kniete die die ausgemergelte Gestalt eines alten Wanderers. Er lächelte freundlich und seine hohen Wangenknochen und der spitze, viel zu lange Schnurrbart, verliehen Ihm unter dem breiten Reisstrohhut im Schein des kleinen Lagerfeuers, ein befremdliches, aber keinesfalls beunruhigendes Äußeres. „Trink Mädchen, ich habe Deine Verletzungen behandelt und der Tee wird Dir gut tun. Die Ginsengwurzel habe ich selbst in der Nacht des Mondfestes auf dem höchsten Berg des Reiches geerntet. Und bewege Dich bitte mit Bedacht, schließlich wollen wir doch nicht, dass ich die Nadeln nicht mehr wiederfinde, weil Du sie Dir mit einer arglosen Bewegung zu tief in den Leib gebohrt hast!“ Er schnickte mit dem Zeigefinger mehrfach gegen eine haarfeine silberne Nadel, die etwa ein halbes Cun über ihrer Kniescheibe steckte und ein wohliger Schauer fuhr Ihr von dieser Stelle bis unter die Schädeldecke. Der schwere Duft von brennendem Beifußkraut ließ sie husten und sie sah die großen Nadeln mit den Moxaköpfen, die Ihre Hitze in die Einstichstellen unterhalb Ihrer Schlüsselbeine leiteten und ihre schmerzenden Muskeln lockerten. Ehe das Mädchen etwas erwidern oder protestieren konnte, zwirbelte die seltsame Gestalt eine weitere silbrig glänzende Nadel innerhalb eines Wimpernschlags in die Haut zwischen ihrem Großen Zeh und seinem Nachbarn, woraufhin der Schmerz in diesem Bein gänzlich verebbte.

Sie trank einen weiteren Schluck des scheußlichen Gebräus und spürte, wie neue Energie ihre Meridiane durchströmte. Jeder Schluck fühlte sich an wie eine Welle heißen Wassers, die am Ufer des Südmeeres über die Felsen hinwegspülte.

Sie blickte sich um und sah Ihre Kleidung und ihren Bogen samt Pfeilen, alles fein säuberlich aufgereiht nahe dem Feuer. Sie versuchte zu sprechen doch ihre Stimme versagte. Ein Blick unter Ihre Decke zeigte oberhalb ihrer rechten Brust nur noch eine winzige Narbe, dort wo der Pfeil Sie durchbohrt hatte. Wie war das möglich?

Deine Zeit ist noch lange nicht gekommen, Mädchen“ beantwortete er die Frage, die Sie nur gedacht hatte und schüttete etwas Erde über die Flammen, um sie zu löschen. „Aber Sie wird bald Deinen Liebsten einholen, wenn Du Dich nicht beeilst.“ Er entfernte alle Nadeln so schnell er sie gesetzt hatte und seufzte: „Ich hätte gern mehr Zeit für Deine Behandlung gehabt, aber ich fürchte, diesen Luxus können wir uns jetzt nicht leisten.“ Er schaute nachdenklich auf das kleine dünne Stück Leder, auf welchem sich die Nadeln ausbreiteten und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich war mir sicher, ich hatte 24 Nadeln gesetzt, nicht bloß 22.

Rasch schlüpfte Sie in Ihre Kleidung, schulterte den Pfeilköcher und ergriff den kunstvoll gearbeiteten, geschwungenen Hornbogen. Sie blickte zu dem Fremden auf, der sich auf einen einfachen, knorrigen Wanderstab stützte und nahm ein silbriges Schimmern wahr, dass sich über seine Haut hinweg zog. Seine Augen hatten eine unbeschreibliche Tiefe und es war als würde sie direkt in den Sternenhimmel schauen. Sie schienen auf eine wunderbare, friedvolle Art zu glitzern. Sie wollte sich bedanken, doch der fremde winkte ab: „Geh Mädchen, vor Dir und Deinem Ehegatten liegen noch viele große Aufgaben. Ihr seid sehr wichtig für das Leben, wenn in einer fernen Zeit die Finsternis erneut über die Welt herein bricht.“ Und fügte noch eilig hinzu: „ Ach ja, falls Du noch die fehlenden Nadeln finden solltest, dann heb sie für mich auf! Eine solch feine Qualität ist schwer zu finden!“

Erschrocken blickte Sie nach Westen, als Sie das Dröhnen von Kriegstrommeln und Hörnern vernahm. Sie wandte sich kurz zu dem Fremden um, um sich zu verabschieden, doch dieser war verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben. Einzig der Rest einer alten Feuerstelle war noch auszumachen, die aber schon seit langem erkaltet sein musste. Einen Augenblick verharrte Sie, dann packte Sie den Bogen fester, wirbelte herum und rannte gen Westen, so schnell ihre Beine sie trugen.

Die Armeen standen sich bereits gegenüber, als Sie das auserkorene Schlachtfeld erreichte. Hörner erklangen, Trommeln dröhnten und haßerfüllte Rufe und Schreie zerstörten die Stille des anbrechenden Tages.

Von einem Hügel aus konnte Sie ihren Liebsten sehen, wie er gefesselt vor dem Verräter kniete, der ein großes, häßliches gebogenes Schwert in beiden Händen hielt. Sie konnte die Worte nicht verstehen die zwischen Ihrem Vater und dem ihres Liebsten hin und her gebrüllt wurden, aber sie wusste, was sie zu bedeuten hatten. Sie schrie aufzuhören, doch ihre Worte gingen im nervösen Stampfen der Pferde und dem Geklapper der schweren Schuppenpanzer Ihrer Reiter unter.

Befehle wurden von den Generälen der Armeen an deren Truppen weitergegeben und Ihr Vater setzte sich an vorderster Front mit seinem Pferd, das in einen Prachtvollen Harnisch gehüllt war, in Richtung des gegnerischen Heeres in Bewegung, dicht gefolgt von seinen Kriegern, die Mühe hatten, mit Ihrem Herrn Schritt zu halten.

Sie begann zu rennen, wie Sie noch nie gerannt war. Ihre Lungen brannten wie Feuer, Tränen ließen sie beinahe erblinden, ihre Beinmuskeln pumpten und schienen kurz davor zu sein, einfach zu platzen.

Der Verräter hieb dem jungen Prinzen mit der Breitseite seines Schwertes ins Gesicht, dass dieser einige Meter den Hügel hinab rollte und reglos liegen blieb. Selbstgefällig lächelnd schritt der Verräter langsam ebenfalls hinab, um sein Werk zu vollenden.

Sie keuchte und stürmte in Richtung eines kleines Hügels auf dem ein toter Baum stand, der vor langer Zeit von einem Blitz gespalten worden war und erklomm schnell wie eine Katze den Stamm, klemmte sich mit den Beinen zwischen ein paar starke Ästen und hob den Bogen. „Viel zu weit“ dachte sie verzweifelt, als sie zitternd den Bogen hob und über die Schulter nach einem Pfeil griff, während ihr die Tränen über das Gesicht flossen. „Viel zu weit“...sie schluchzte und wusste instinktiv, dass Sie Ihren Geliebten niemals retten konnte.

Der Verräter hatte den Prinzen erreicht und rollte ihn mit einem harten Tritt auf den Rücken. Dessen Kopf sackte ohnmächtig zur Seite und entblößte die verwundbare Kehle des Mannes. Mit einem diabolischen Grinsen hob er das mächtige Schwert zu einem gewaltigen Hieb, der den Kopf des Mannes von dessen Schultern trennen musste. Das Donnern von tausenden Hufen ließ rhythmisch die Erde erbeben.

Sie atmete tief ein...ergriff einen Pfeil. Dieser fühlte sich merkwürdig kühl an. Sie hob den Bogen und legte den Pfeil auf. Sie zwang sich, langsam und ruhig zu atmen, senkte den Bogen und spannte mit dem Daumen die Sehne, wie die Reitervölker es schon seit Äonen taten. Der Pfeil schimmerte silbern in der Nacht. Ein Glanz, wie er von der Haut des Fremden ausging, der sich um Ihre Wunden gekümmert hatte. Sie konzentrierte sich auf ihr Ziel, dessen grausame Gesichtszüge sie trotz des Anbruchs des Tages, auf diese Distanz kaum erkennen konnte und hielt den Atem an. „Viel zu weit!“

Hab vertrauen Mädchen!“ vernahm Sie eine Stimme und neue Entschlossenheit durchströmte Sie. Sie hob den Bogen etwas an...atmete langsam durch den fast geschlossenen Mund aus. Sie war eins mit dem Ziel...sie ließ die Sehne los und drehte fast im gleichen Moment das linke Handgelenk nach außen.

Der Verräter sammelte all seine Kraft in diesem Schlag und stieß einen Schrei aus, der man trotz der donnernden Hufe nicht überhören konnte.

Der Pfeil flog, mit einem hellen Aufblitzen und einen silbernen Schweif hinter sich herziehend, über das Schlachtfeld hinweg. Jeder Mann stockte augenblicklich und der wütende Schrei des Verräters verwandelte sich schlagartig in ein entsetzliches Gurgeln, als der silberne Pfeil seine Kehle durchbohrte und sein Rückgrat zerschmetterte. Große Mengen Blut quollen aus seinem Hals, während er nach vorn über kippte und sein häßliches Schwert harmlos im Steppengras stecken blieb.

Die Schlacht stoppte augenblicklich, noch bevor der erste Mann verletzt wurde und alle Blicke richteten sich auf die Gestalt auf dem Baum. Noch immer rieselte feiner Sternenstaub entlang der Flugbahn des Pfeiles herab.

Als der Vater seine lebendige Tochter erkannte, sprang er von seinem Pferd ab und warf seine Waffen beiseite. Vater und Tochter umarmten sich überglücklich und der junge Prinz wurde augenblicklich freigelassen.

Nun ja, es mag sein, dass in der Überlieferung der Geschichte viel verloren ging und noch mehr ausgeschmückt wurde, aber die beiden Kinder vereinten die zerstrittenen Reiche unter einer gemeinsamen Flagge und ihre Familie regierte noch viele Jahrhunderte weise über Ihr Reich.

Bis zur Ankunft des stygischen Gottkönigs....“